Verändertes Tempo, spezielle Looks, Storytelling – welche Trends und Neuheiten spielen in der Filmbranche momentan eine Rolle? Welche Herausforderungen gibt es? Wir haben unsere beiden Bewegtbild-Experten Sebastian und Moritz gefragt und interessante Antworten bekommen:
Die technische Welt des Filmbereichs ist stetig im Wandel. Fast jährlich bringen Hersteller neue Kameras auf den Markt, die mit innovativen Features und verbesserter Technik punkten. Dennoch ist keine Kamera so perfekt wie das menschliche Auge, das problemlos in der Lage ist, sehr helle und dunkle Bereiche zu einem gut sichtbaren Bild zu mischen.
Früher musste man sich entscheiden: Passte man das Bild an eine grelle Lichtquelle an, gingen die Details in den Schatten verloren. Entschied man sich für die Schatten, wirkte der Lichtbereich nur noch weiß. Heute geht es im digitalen Film-Bereich hauptsächlich darum, möglichst viele technische Bildinformationen bei der Aufnahme zu erfassen, um in der Nachbearbeitung das Bild so exakt wie möglich an die Realität, also dem, was das Auge sieht, anzupassen. Außerdem bekommt man so unglaublich viele Möglichkeiten, das Bild in Helligkeit, Kontrast und Farbgestaltung je nach Kunde oder Thema zu verändern.
Infolgedessen wird heute deutlich mehr Zeit in die Nachbearbeitung investiert. Noch vor 10 Jahren gab es diese breiten Möglichkeiten nur bei High-End-Kameras der großen Kinoproduktionen.
Generell haben sich auch die Sehgewohnheiten in Sachen Tempo verändert. Das wiederum benötigt eine höhere Schnittfrequenz und somit auch mehr Material. Für eine Szene, die früher mit einem oder zwei Schnitten auskam, kann man heute fast das Dreifache einplanen. Außerdem ist alles deutlich mobiler geworden und durch den Einsatz von Gimbal (Kameraaufhängung zur Stabilisierung), Dolly (Kamerawagen) und Kamerakran bleiben die Bilder auch bei bewegten Aufnahmen wackelfrei.
Eine weitere Veränderung bezieht sich auf die Art, das Licht zu setzen. Früher wurde härter ausgeleuchtet, heutzutage wird durch weiches Licht und Akzente versucht, Natürlichkeit zu erzeugen.
Wenn Kunden einen bestimmten Film im Kopf haben, besteht die größte Herausforderung darin, diese Vorstellung so weit wie möglich zu realisieren und dabei das Budget und die technischen Möglichkeiten nicht aus den Augen zu verlieren.
Unsere Arbeit ist es, herauszufinden, was der Kunde wirklich möchte und dessen Wünsche mit unserer Expertise und Kreativität zu verbinden. Unser Anspruch ist, immer das bestmögliche Resultat zu liefern. Dabei ist es wichtig, dass der Kunde unserer Expertise vertraut.
Die größten Reize liegen darin, etwas Neues zu machen, Looks und Kamerabewegungen zu kreieren, die man selbst vielleicht noch nie gesehen hat und andere Wege und Herangehensweisen auszuprobieren.
Filmen hat auch viel mit Storytelling zu tun, was sehr interessant ist. Sich eine Geschichte rund um ein Produkt oder eine Marke zu überlegen, die die Emotionen der Rezipienten anspricht, ist eine coole Sache. Die großen Marken gehen immer mehr in die Richtung, mit kurzen Filmen eine Geschichte rund um ihr Produkt zu entwickeln und dieses mit positiven Emotionen zu verknüpfen.
Videos nehmen generell einen höheren Stellenwert in der Gesellschaft ein, was wiederum mehr Möglichkeiten eröffnet und somit hilft, das Thema der Allgemeinheit näherzubringen als andere Medien das könnten.
Alles, was man irgendwo sieht, inspiriert uns in gewisser Weise. Dennoch sollte immer der Nutzen im Vordergrund stehen. Gesehenes sollte man nicht übernehmen oder einsetzen, um es „auch mal gemacht zu haben“, sondern nur, wenn es dem Film weiterhilft.
Der größte Irrglaube ist aktuell, dass viele glauben, man benötigt nichts außer dem neusten Handy, um professionelle Videos zu produzieren. Dabei ist es absolut unumgänglich, bestimmte Kameras und Objektive zu verwenden, um ein gewünschtes Ergebnis zu kreieren.
An vielen Trends, insbesondere auf Social Media, sieht man sich schnell satt, weil sie direkt und unmittelbar von vielen imitiert werden.
Consumer Technik wird sich qualitativ immer mehr der professionellen Filmtechnik annähern und dabei bezahlbar bleiben – zusätzlich ist auch gute Software immer besser zugänglich. Das führt dazu, dass Amateure und Interessierte sehr gute Chancen haben, sich selbst auszuprobieren, die Grundlagen zu lernen und Erfahrung mit Technik und Programmen zu sammeln. Im kommerziellen Kontext werden private Videos Profi-Videos allerdings nicht ersetzen können. Vielen Kunden wird auch immer mehr bewusst, dass für große Produktionen mit einem professionellen Ergebnis ein gewisser zeitlicher Aufwand in Konzept und Post Production gesteckt werden muss und diese Arbeit notwendig ist.
Deepfake könnte auch ein Thema werden. Dabei werden durch die Nutzung künstlicher Intelligenz Gesichter von Personen ausgetauscht, die real nicht im Film mitgespielt haben. In der Nachbearbeitung wird dann das Gesicht des gefilmten mit dem des gewünschten Schauspielers ersetzt. Diese Technik ist mittlerweile schon so weit entwickelt, dass die Zuschauer es nicht als Fake erkennen können.